Andreas Pils · Antisemitismus · Hagen Westfalen · Nazi Kriegsverbrechen

HAGEN VI : Kurt Meyer und die HIAG

So ließen auch die Ergebnisse der versuchten Umerziehung Kurt Meyers zu einem wertvollen Mitglied der bundesdeutschen Gesellschaft zu wünschen übrig. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 7.März 1960 wird der kanadische Pastor Dr. Herbert Ashford zitiert, der sich zehn Jahre früher erfolgreich für die Freilassung des zu lebenslänglicher Haftstrafe verurteilten Kriegsverbrechers und ehemaligen SS-Brigadeführers KURT “PANZER” MEYERs engagiert hatte. Der gute Mann hatte offensichtlich seinen selbstlosen Einsatz bereut und sein Urteil über den SS-Offizier revidiert: “Meyer ist noch immer ein Nazi….ein unverbesserlicher Nazi! Ich habe einen großen Fehler begangen, als ich für seine Freilassung eingetreten bin.”  Was den Geistlichen zu seiner Meinungsänderung gebracht hatte, waren die öffentlichen Aktivitäten Meyers nach seiner Entlassung, die seinen Bekanntheitsgrad auf dem Niveau  der vierziger und frühen fünfziger Jahre gehalten hatten.

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Kuer Meyer (links mit erhobener Faust) auf HIAG Treffen

Offenbar nicht völlig ausgelastet mit seiner Position als Vertriebsleiter bei der Hagener Andreas Brauerei, war Meyer im Jahre 1959 zum Bundessprecher der HIAG avanciert. Die HIAG, kurz für “Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Ehemaligen der Waffen-SS”, war 1951 von Ex SS-Offizieren gegründet worden, um den circa 250 000 (von 600 000) Veteranen der Truppe in diesen Zeiten der Not, also nach der Kapitulation und in einem relativ freiheitlichen und demokratischen System, an das sie nicht gewöhnt waren, Beistand in allen Lagen des Lebens zu leisten. In ihrem Zenit hatte die HIAG dann auch 20 000 Mitglieder. Ging es zunächst einmal um die juristische, finanzielle und emotionale Betreuung von schon überführten oder angeklagten oder noch anzuklagenden Kriegsverbrechern aus den Reihen der Waffen-SS, ging es Mitte der fünfziger Jahre schon mehr um eine allgemeine Rehabitilation, die die Waffen-SS auf eine moralische Stufe mit der regulären Wehrmacht stellen sollte, die damals noch den Ruf hatte, sich tapfer und ehrenhaft auf den Schlachtfeldern Europas in Erfüllung ihrer patriotischen Pflicht geschlagen zu haben. Dieses Urteil ist natürlich längst revidiert und die unzähligen Kriegsverbrechen des deutschen Landsers sind hinlänglich dokumentiert. Die ersehnte Gleichstellung hatte auch finanzielle Motive, auch ehemalige SS Mitglieder oder ihre Witwen sollten die  Renten bekommen, auf die die Angehörige der Wehrmacht schon längst Anspruch hatten.

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Von links: Meyer, Peiper, Guensche (Adjudant Adolf Hitlers) Dietrich auf der Party zu Dietrichs Freilassung

Was von den verbliebenden Waffen-SS Größen Rang und Namen hatte, organisierte sich in der HIAG, die beiden ranghöchsten noch lebenden Offiziere der Waffen-SS SS- Oberst-Gruppenführer Sepp Dietrich, erster Kommandeur der LSSAH und verurteilter Kriegsverbrecher,  SS-Oberst-Gruppenführer Paul Hausser, zuletzt Kommandant der Heeresgruppe G und nie überführter Kriegsverbrecher, SS- Standartenführer Joachim Peiper, vormals Adjutant Himmlers, dann Kommandant einer Kampfgruppe der LSSAH und verurteilter Kriegsverbrecher, und, wie gesagt und in herausragender Position, Kurt “Panzer” Meyer. Bei soviel Prominenz ist es kaum verwunderlich, dass auch die mittleren und unteren Ränge der Ehemaligen zur HIAG flockten, unter anderen auch Meyers Kollegen von der Brauerei , die Ex SS-Hauptsturmführer CARL-HORST ANDREAS und OSKAR PAHNKE. Ob ALBERT “PAPA” SCHUCH seinen Kumpel in die HIAG folgte, ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich. Carl-Horst Andreas, der Hasper Biermillionär, engagierte sich zwar nicht öffentlich für die HIAG, war aber hinter den Kulissen ein wichtiger Mann, nicht nur muss er seinen Angestellten Meyer für die vielen Termine der Verbandsarbeit  von seinen beruflichen Pflichten freigestellt haben, darüber hinaus war er ein bedeutender Mäzen der HIAG, der seine alten Freunde nicht vergessen hatte, die  dafür gesorgt hatten, dass auch in schwierigen Zeiten immer genug Personal für die Andreas Brauerei zur Verfügung gestanden hatte, Arbeiter, die er noch nicht einmal entlohnen musste. Ob Carl-Horst Mitte der fünfziger Jahre seine Beziehungen beim Hagener Finanzamt genutzt hatte, um der HIAG zu helfen, als gemeinnützige Vereinigung ( e.V. ) Steuerfreiheit auf ihre Einkünfte zu erhalten, ist nicht dokumentiert. Ob die Hagener Stahlarbeiter wussten, dass sie mit dem Konsum von Andreas Pils auch die Anliegen der ehemaligen Waffen-SS unterstützten, ist nicht bekannt.

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