Andreas Pils · Antisemitismus · Hagen Westfalen · Nazi Kriegsverbrechen

HAGEN X : Dr. Oetker kauft Andreas

Am 4.April 1964 kaufte sich die Dr. August Oetker KG in die Andreas Brauerei ein. Der Backpulverkonzern aus Bielefeld hatte zwar schon in den fünfziger Jahren damit begonnen, sich ein Brauerei-Imperium (Bindinger-Radeberger Gruppe) zusammen zu kaufen, aber warum er sich ausgerechnet eine kleinere regionale Firma, deren Umsätze zu stagnieren begonnen hatten, einverleiben wollte, erscheint schwer verständlich. Für die Andreas Brauerei aber muss Dr. Oetkers Einstieg eine höchst willkommene Lösung für ihre finanziellen Probleme gewesen sein, nicht nur hatte sie hatte einen kapitalstarken Partner gefunden, darüber hinaus war, da der Deal vorerst geheim gehalten wurde, auch Carl-Horsts Ego noch intakt. Die Beziehung, die der große Dr. Oetker mit dem kleinen Andreas begonnen hatte, ist vielleicht besser zu verstehen, wenn man überbedenkt, was die beiden Männer an den Spitzen der beiden Firmen verband. Damals, im Jahre 1964, gab es einen wirklichen Dr. Oetker, er hieß RUDOLF-AUGUST OETKER (1916-2007), der 1944 die Leitung des Familienunternehmens übernommen hatte, nachdem sein Vorgänger bei einem alliierten Luftangriff ums Leben gekommen war.

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Rudolf-August Oetker (Mitte)

Der Zeitpunkt muss recht ungünstig gewesen sein, als der damals 28jährige Erbe zu diesem Zeitpunkt gerade damit beschäftigt war, als Angehöriger der Waffen-SS im Rang eines SS-Untersturmführers für das Deutsche Reich den Krieg zu verlieren.  Rudolf-August trat 1940 in die NSDAP und zwei Jahre später, am 22.März 1942, freiwillig in die Waffen-SS. Da er als Mitglied eines Bielefelder Reiterverein schon 1936 in die berittene SA aufgenommen worden war, bot es sich dem Oetker Sprössling geradezu an, sich einem Reiter Regiment der Waffen-SS anzuschließen, mit dem er dann auch am Überfall auf die Sowjetunion teilnahm und  dem er bis 1944 angehörte, bis ihn wichtigere Aufgaben an die Heimatfront zurückriefen. Nach der Kapitulation überstand Rudolf-August, kaum überraschend, erfolgreich das obligatorische Entnazifierungsverfahren und leitete dann die Geschicke seines Konzerns bis zu seinem Rücktritt aus der Firmenleitung im Jahre 1981. In den fünfziger Jahren unterstützte er finanziell den Verein „Stille Hilfe“, der sich seit den fünfziger Jahre für die Verteidigung angeklagter oder überführter NS-Verbrecher einsetzt und dessen prominentestes Mitglied eine Tochter Heinrich Himmlers ist. In Not geratenen Ex Waffen-SS Kameraden, wie dem Sohn des hingerichteten ehemaligen Außenministers des Deutschen Reiches, Joachim von Ribbentrop, beschaffte er auch schon mal eine Stelle in einem der zahlreichen Betriebe seiner Firmengruppe.

Die Dr. August Oetker KG beauftragte im Jahre 2009 drei deutsche Historiker damit, die Verstrickungen seines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Rudolf-August Oetker und anderer Mitglieder des weitverzweigten Clans mit den verschiedenen Organen des Nationalismus zu untersuchen. Die Ergebnisse, die in einem sehr aufschlussreichen Bericht dokumentiert wurden, müssen wohl als exemplarisch für die Geschichte manch anderer deutschen Firma zwischen 33 und 45 ansehen werden.

Im April 64 kaufte Rudolf-August Oetker Anteile an der Andreas Brauerei, die bis dahin dem ehemaligen Angehörigen eines Reiter-Regiments der Waffen-SS, dem Benefaktor von SS-Veteranen- und anderen rechtsextremen Organisationen, und dem Arbeitgeber diverser Alt-Nazis, Carl-Horst Andreas als Alleininhaber gehört hatte.

 

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